Der Fremde antwortete nicht, lediglich auf sein Glas starrend. Dann schaute er hoch und sagte: "noch Einen bitte." Noch einen Moment beobachtete der andere Mann den Fremden, dann schaute er wieder hinaus.
Langsam wurde es dunkler. Ein paar Lichter in umliegenden Häuser gingen an. Doch außer dem schwach ausstrahlendem Licht zeugte nur der aufsteigende Rauch aus den Häusern von Leben. Wenn er noch länger hier bleiben würde, so käme er nicht mehr zu seinem Zimmer. Langsam trank er sein Glas mit dem noch dampfenden Varencius Nektar aus, dann zog er sich an und ging mit einem leisen "Tschüss" aus dem Wirtshaus.
Der kalte Wind begann mit ihm zu spielen. Schwer stampfte er durch die Schneebedeckten Straßen, während eine Böhe nach der Anderen an seiner Kleidung zerrte, sie mal zusammendrückte, mal aufblies.
Bald schon verließ er die Hauptstraße und bog in einer kleineren Seitenstraße ab. Bald schon würde er in seinem gemieteten Zimmer sitzen, dem Knistern der Flammen lauschen und ein gutes Buch lesen, bevor er sich in sein gemütliches Bett legen wird. Von diesem Gedanken getrieben ging er schneller. Nun bog er in die Samantagasse ein, einer schmalen Straße zwischen den Hauptstraßen, und da sah er ihn.
Ein Junge, möglicher Weise 16 oder 17. Er lag im Schnee, und rührte sich nicht. Erschrocken ging der Mann auf ihn zu. Einen Moment starrte er auf die bewusstlose Person, dann begann er sie zu rütteln. Erst leicht, dann immer heftiger. "Hey! Aufwachen!", schrie er sie an und verpasste der schlafenden Person eine Ohrfeige.
Die Augen des Jugendlichen begannen zu zucken. Er wiederholte das ganze, und schließlich öffnete er die Augen. Der Mann setzte ihn hin und zog ihm seinen Schal um. "Ein Glück du lebst! Du musst aus der Kälte raus! Kannst du aufstehen?" "Ich, ich versuche es," murmelte der Junge leise während er zitterte.
Gestützt vom Mann gingen sie bald weiter.
Bald schon fanden sie sich vor dem prasselnden Kamin im Zimmer des Mannes wieder. In Decken eingerollt saß der Junge nun im alten Ledersessel, einen Becher mit heißem Tee in den Händen haltend.
Interessiert beäugte ihn der Mann. "Das da draußen war ganz schön knapp", begann er schließlich.
"D...danke", sagte der Junge nur und nippte an den Tee. "Sag mal, wie bist du eigentlich da hin gekommen? Hast du keine Eltern?"
"Meine Eltern sind tot," antwortete der Junge und schaute traurig in die wärmenden Flammen, die lodernd ein Stück Eichenholz verzehrten. Beide schwiegen einen Moment, dann fuhr er fort:
"Und ich weiß nicht mehr wie ich da hin kam"
"Und wie heißt du?"
Der Junge schaute ihn an: "Sam"
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